Die Rédactologie entstand Anfang des 21. Jahrhunderts in Kanada. Sie ist eine junge Disziplin, die die Untersuchung des Schreibens im professionellen Bereich zum Forschungsgegenstand hat. Mit professionellem Schreiben ist gemeint: Journalismus, Webkommunikation, Verfassen von Anweisungen, technischen Berichten, Packungsbeilagen und vieles mehr.
Die Entstehung dieser Disziplin ist mit dem Aufstieg der professionellen VerfasserInnen in verschiedenen französischsprachigen Ländern (Belgien, Frankreich, Québec) verbunden. Diese AutorInnen bilden sich in der Regel in Studiengängen wie Sprach- und Literaturwissenschaft, Kommunikation oder Journalismus aus und werden in einer Vielzahl von Kontexten (institutionelle Kommunikation, Webmarketing, Journalismus, Schreibpraxis…) angefordert.
Obwohl dieses Berufsbild in Italien noch nicht so bestimmt ist, ist der problematische Umgang mit der schriftlichen Sprache ein Thema. Wie Francesco Sabatini erinnerte (*), ist traditionsgemäß die schriftliche italienische Sprache aus historischen Gründen nicht so sehr auf die EmpfängerInnen ausgerichtet: Der Schreibstil der institutionellen Kommunikation ist reich an gewählten und gelehrten Ausdrücken, aber oft ungeeignet für pragmatische Kontexte. Zum Beispiel konnte man bis vor Kurzem in Bussen dieses Anweisungsschild für den Notfall lesen:
Achtung: Diese Tür kann als Notausgang fungieren, indem man die Vorrichtung rechts vom Kästchen betätigt.
Eine Alternative für den gleichen Hinweis könnte folgende sein:
Um die Tür im Notfall zu öffnen, bitte den Türgriff nebenan benutzen.
Das ist wahrscheinlich viel wirksamer, auch wenn es als banal betrachtet wird, wie Sabatini bemerkt. Man könnte sagen, dass wir alle so sehr an einen gehobenen Stil gewöhnt sind, dass es schwierig wird, den richtigen „utilitaristischen“ Stil für das Schreiben von Dokumenten zu finden (I.T.)
(*) Francesco SABATINI. (2003). "L’italiano lingua utilitaria". In Leandro Schena & Luciana T. Soliman (Eds.), L’italiano lingua utilitaria. XI Incontro del Centro Linguistico Università Bocconi, 23 novembre 2002 (p. 17‑22). EGEA.
Ein leserfreundliches Schreiben
Einen Text klar, vollständig und überzeugend zu schreiben, ist der erste Schritt, um den Leser zu fesseln und ihn zum Weiterlesen aufzufordern. Je nach Textsorte, die Sie schreiben wollen, werden Sie sich an eine bestimmte Adressatengruppe wenden. Einige Texte erfordern eine Fachsprache mit komplexen Begriffen, andere, die sich an ein breiteres Publikum richten, erfordern einen zugänglichen Sprachstil mit transparenteren Worten. Wenn möglich, ist es besser, Fachausdrücke und spezifische Wörter durch allgemeinere Wörter zu ersetzen oder Periphrasen zu verwenden, um das Verständnis zu erleichtern.
Wenn Sie mit dem Schreiben eines Textes beginnen, ist es wichtig, dass Sie sich überlegen, welche Punkte Sie behandeln wollen, und dass Sie sich an ein zentrales Thema halten, ohne zu sehr vom Thema abzukommen. In der Tat soll der Text fließend sein. Außerdem ist es wichtig, dem Leser durch eine Einführung in das Thema und einige Informationen eine Kontextualisierung zu geben. Es sollte nicht vorausgesetzt werden, dass der Empfänger über das gleiche Wissen wie der Verfasser verfügt; fehlende Erklärungen oder eine unklare Kommunikation führen dazu, dass der Leser verwirrt ist und während des Lesens Lücken entwickelt. Andererseits kann auch ein Informationsübermaß den Leser vom Thema abbringen und langweiligen. Deshalb sind Einfachheit, Klarheit und Lesbarkeit die Grundlage für gute Kommunikation.
Schließlich ist am Ende des Bearbeitungsprozesses und nach der Revision auch das Feedback des Zielpublikums hilfreich.
Die Übersetzungswissenschaft
In einer globalisierten Welt ist es jedoch immer schwieriger, in einer einsprachigen Perspektive zu denken. Zum Beispiel kann Italien auf eine große Präsenz ausländischer Touristen zählen und ist längst zu einem Land der Einwanderung – und nicht mehr nur der Auswanderung – geworden. Im Vergleich zu vor einigen Jahrzehnten ist die Anzahl der innerhalb der nationalen Grenzen gesprochenen Sprachen stark gestiegen. Aus diesem Grund ist die Erstellung eines praktischen Textes ein noch komplexeres Unterfangen, denn unser Zielpublikum ist und wird zunehmend ein vielfältiges und mehrsprachiges Publikum sein.
So muss die Schreibwissenschaft mit einer anderen Disziplin kooperieren, und zwar mit der Übersetzungswissenschaft, die sich – wie der Name schon sagt – mit dem Übersetzen in all seinen Formen (professionell und nicht professionell, schriftlich und mündlich, als Produkt oder Prozess) beschäftigt. Gemeinsam können diese beiden Disziplinen verschiedene theoretische und praktische Instrumente zur Verfügung stellen, die eine wirksame mehrsprachige Kommunikation gewährleisten können. Dies ist das Hauptziel unseres Sprachlabors.
(FR)